Schlaf: Erzählung
Inhaltsangabe zu "Schlaf: Erzählung"
Krankhafte (im Speziellen japanische) Angepasstheit und die Absurdität banaler, alltäglicher Vorgänge sind Leitthemen in Haruki Murakamis Werk. Auch die Heldin von Schlaf leidet unter der starren Routine ihres wohlgeordneten Daseins. Und sie beginnt zu hinterfragen und sperrt sich innerlich, ausgelöst durch eine Art Insomnie, dagegen. Plötzlich stößt sie das friedliche Gesicht ihres eingenickten Ehemanns ab. Selbst den Beischlaf vollzieht sie, ohne geistig anwesend zu sein: Die einst gleichermaßen körperliche sowie emotionale Vereinigung wird ein rein mechanischer Akt. Überhaupt reduziert sich jede Alltagshandlung auf ihren Zweck als Rädchen im funktionierenden Getriebe des „Apparats“ Ehefrau. Zunehmend verfällt die Dreißigjährige dem Sog einer zweiten Existenz, gibt sich Cognac trinkend nächtlichen Leseexzessen hin (bezeichnenderweise Tolstois Anna Karenina) und entfernt sich allmählich vom normalen Leben ...Für ihre „eigenwillige“ Bildästhetik ihrer Illustrationen nahm Kat Menschik schon den Troisdorfer Bilderbuchpreis entgegen. In Schlaf erweitern ihre 20 ganzseitige Zeichnungen die auf hochwertigem Papier gedruckte Erzählung des japanischen Großmeisters um eine visuelle Ebene. Text und Bild verschmelzen so perfekt miteinander, dass die traumartige, latent bedrohliche Stimmung auf den Leser überschwappt. Harte Kontraste, ein strikter Farbcode, beschränkt auf Dunkelblau und Silber, morbide Motive wie weit aufgerissene Augen: ein wenig erinnert das an Stanley Kubricks Vorgehen bei seinen – allerdings filmischen – Romanadaptionen. Eindringlicher könnte man die schleichenden psychischen Veränderungen der Protagonistin nicht darstellen.
Wie immer im Falle Murakamis werden sich trotzdem die Geister scheiden – allein das Ende sorgt gewiss für Polarisierungen. Hinzu kommen die Bildkomponente und die Tatsache, dass es sich zwar um eine charakteristische, nicht jedoch um eine besonders skurrile, ja: nicht einmal um eine neue Erzählung handelt (entnommen ist sie dem Band Der Elefant verschwindet von 1995). Aber für bibliophile Murakami-Liebhaber ist Schlaf dennoch ein rauschendes Fest der Sinne. Tun Sie es der Protagonistin gleich: Machen Sie sich einen einsamen Abend mit diesem abgründigen Buch, fassen Sie es bedächtig an – und lassen Sie sich von Haruki Murakami hypnotisieren. -- Fenja Wambold
Interessant, tiefgründig, aktuell und skurril.
Dieser schmale und wunderschön gestaltete Band ist schnell gelesen. Atemlos flog ich durch die Seiten, die einen rasanten Wechsel zwischen Realität und Traum bzw. Parallelwelt offenbaren.
Und nach dem Zuklappen der Kurzgeschichte blieb ich mit einem unheimlichen und bedrückenden Gefühl zurück. Ich fragte mich unweigerlich, wie es wohl weitergeht. Ein Raum für eigene Fantasien und Gedanken wurde nach dem Schließen des Buches eröffnet.
Mit schlichter und eindringlicher Sprache und ohne ein Wort zu viel erzählt der Autor von einer jungen Frau, die nicht mehr schlafen kann und die dieses Mehr an Zeit nutzt, um Dinge zu tun, für die in ihrem Alltagstrott kein Platz mehr war, z. B. lesen oder einfach nur den Gedanken nachhängen.
Aber es ist viel mehr als das.
Anhand dieses physiologisch - biologisch unmöglichen, bizarren und schaurigen Szenarios werden bedeutsame und interessante Fragen aufgeworfen und Themen angesprochen:
Monotonie, Veränderung, Selbst-Entfremdung...
Untermalt, veranschaulicht und ergänzt werden Inhalt und Atmosphäre durch wunderbare Zeichnungen von Kat Menschik.
Die Lektüre hat sich für mich wirklich gelohnt!